Realismus und wissenschaftliche Praxis

Der wissenschaftliche Realismus behauptet, dass wissenschaftliche Theorien wahre Erklärungen der Welt liefern, und dass die in naturwissenschaftlichen Theorien vorkommenden theoretischen Terme (Terme, die Nicht-Beobachtbares bezeichnen) auf existierende, geistesunabhängige Dinge referieren. Gemäss dieser Auffassung beschreiben theoretische Sätze, wenn sie wahr sind, die Welt so, wie sie wirklich ist.

Demgegenüber behauptet der Anti-Realismus, dass theoretische Terme nicht referieren, und dass wissenschaftliche Theorien nur Hilfsmittel sind, um die beobachtbaren Phänomene zu beschreiben und allenfalls zu beeinflussen. Laut dem Anti-Realismus enthüllen wissenschaftliche Theorien nie die Realität, die hinter dem Beobachtbaren liegt.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die zentrale Behauptung des sogenannten Entitäten-Realismus zu verteidigen, welche lautet, dass wir in höherem Masse berechtigt sind, an die Existenz von theoretischen Entitäten zu glauben, als wir berchtigt sind, wissenschaftliche Aussagen über diese als wahr zu akzeptieren. Es soll gezeigt werden, dass Theorien und Modelle nicht die einzigen Möglichkeiten eines epistemischen Zuganges zur Welt bieten, sondern dass die empirische Praxis, mithin die Erfahrung als solche, eine eigenständige und zunächst noch nicht propositional verfasste Weise des Weltbezugs darstellt. Diese Behauptung ist gebunden an die historische These, dass die Wissenschaftstheorie lange mit einem unbrauchbaren Begriff von Erfahrung operiert hat. Anhand einer begriffsgeschichlichen Analyse des Erfahrungsbegriffes möchte die Arbeit darlegen, dass die Philosophie des Logischen Empirismus in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts einen in der Tradition des britischen Empirismus stehenden, passivisch-reduktiven, auf Sinneswahrnehmung beschränkten Erfahrungsbegriff geprägt hat, welcher in der gegenwärtigen Debatte um den wissenschaftlichen Realismus immer noch in Gebrauch ist. Eine Kritik am empiristischen Erfahrungsbegriff soll darlegen, dass dieser erstens die experimentelle Praxis der Naturwissenschaft nicht adäquat erfasst, dass er zweitens keine geeignete Grundlage für eine Explikation unseres Weltbezugs darstellt, und dass drittes dadurch der Zugang zur einer adäquaten Antwort auf die Realismusfrage verstellt bleibt.

Mitwirkende:
Dr. Karim Bschir
Prof. Dr. Michael Hampe

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