Der Möglichkeitsbegriff in der Naturphilosophie

Die Vorstellung, dass auch nur der Möglichkeit nach existierende Sachverhalte eine wichtige Rolle bei der Beschreibung der Natur spielen, geht auf Aristoteles zurück. Mit der Abkehr von der aristotelischen Naturphilosophie und der Entwicklung dessen, was uns heute als Physik und insbesondere als klassische Mechanik bekannt ist, verlor der Potentialitätsbegriff in der Naturwissenschaft allerdings weitestgehend an Bedeutung. Auch die modernen Weiterentwicklungen der klassischen Mechanik, Relativitätstheorie und Quantenmechanik haben bisher zur keiner Wiederbelebung des Potentialitätsbegriffes geführt.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es jedoch mindestens zwei Ansätze, die man als Versuche einer derartigen Wiederbelebung bezeichnen könnte: Einerseits der von Werner Heisenberg (am Rande) geäusserte Vorschlag, die durch eine Schrödinger-Gleichung beschriebene Dynamik eines quantenmechanischen Systems als Evolution von möglichen Zuständen des Systems zu interpretieren, welche erst durch eine Messung zu aktualen Zuständen werden; und andererseits die Prozessmetaphysik des Mathematikers und Philosophen Alfred North Whitehead. in welcher ein metaphysisches Schema präsentiert wird, das sogenannte „aktuale Ereignisse“ („actual occasions“) als grundlegende ontologische Einheiten annimmt. Innerhalb dieser Metaphysik spielt die Relationalität von Ereignissen und insbesondere das Verhältnis von aktualen zu möglichen Ereignissen eine entscheidende Rolle.

Das vorliegende Projekt unternimmt den Versuch, ausgehend von der Prozessmetaphysik, wie sie von Whitehead vorgeschlagen wurde, einen nicht bloss epistemischen Potentialitätsbegriff insbesondere für die Interpretation der Quantenmechanik und die Theorie komplexer Systeme in der Biologie fruchtbar zu machen. In systematischer Hinsicht stehen dabei vor allem die Differenzierung zwischen einer substanz-ontologischen und einer ereignis-ontologischen Naturbeschreibung sowie die Kritik am klassischen, auf Wirkursächlichkeit beschränkten Kausalitätsbegriff und die Erörterung der Möglichkeit einer topologischen Repräsentation von Global-Lokal-Relationen mithilfe der mathematischen Kategorietheorie im Vordergrund.

Das Projekt ist Teil einer internationalen Kollaboration von Philosophen, Mathematikern und Naturwissenschaftlern. (externe SeiteMehr Informationen dazu)

Mitwirkende:
Dr. Karim Bschir
Prof. Dr. Michael Hampe

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